Meine hochgeehrten Damen und Herren: Unser diesmaliges Diskussionsthema präsentiert uns Sinatra von seiner aller-romantischsten Seite:
Laura (Musik und Text: David Raksin/Johnny Mercer)
Ursprünglich als Instrumental für einen Hollywood-Schinken gleichen Namens anno vierundvierzig komponiert, wurde das Stück alsbald von Johnny Mercer mit einem Text versehen und von zahlreichen Vokal-Künstlern aufgenommen.
Sinatra übernahm das Lied schon anno 1944 in sein Programm, ließ aber einige Zeit vergehen, eher er Laura auch für Schallplatte aufnahm. So geschehen zunächst am zwo&zwanzigsten Octubre des Jahres 1947 zu New York, wobei das streicherbetonte Arrangement selbstverständlich der Feder von Axel Stordahl (erlauben Sie mir, ihn neuerlich hochleben zu lassen) entsprang. Diese Aufnahme ließ man erst einmal an die zwo Jahre im Archiv reifen, ehe man sie auf dem Columbia-Album Frankly Sentimental erstmals veröffentlichte. Die Aufnahme finden Sie auf der legendären Columbia Box von 1993, einen am selben Tag aufgenommenen Alternate Take auf einem Columbia-Sampler namens Sings His Greatest Hits, veröffentlicht anno Neunzehnsiebenundneunzig.
In den nächsten Jahren brachte der Sänger das Lied immer wieder einmal auf Konzertbühnen und im Rundfunk zum Einsatz. Beinahe ein Jahrzehnt nach der ersten Einspielung für Columbia nahm Sinatra Laura auch für das Label Capitol auf, nämlich am 29. Avril des Jahres 1957 zu Hollywood. Diesmal kam ein schwelgerisches Arrangement des Streicher-Spezialisten Gordon Jenkins zum Einsatz, Sinatra selbst präsentierte sich stimmlich deutlich gereift, eher düster als romantisch. Diese Aufnahme wurde auf dem vielgepriesenen Capitol-Concept-Album Where Are You herausgebracht.
Zu Beginn der 80er - der nunmehr angejahrte und von Stimmproblemen oftmals gebeutelte Sinatra befand sich seinerzeit gerade in einem (leider nur kurzen) stimmlichen Zwischenhoch - übernahm der Entertainer den Song nach Jahrzehnten auch kurzfristig wieder ins Konzertprogramm.
Hochwertes Publicum: Songs dieses Kalibers vermögen den Sanges-Künstler Sinatra sehr viel besser auszuleuchten als die sattsam bekannten Hits, deren Erwähnung ich Ihnen hierorts ruhigen Gewissens schuldig bleiben darf - ein Jammer nur, dass Aufnahmen wie eben Laura bei der Zusammenstellung von Kompilationen regelmäßig übergangen werden, und so einem breiteren Publikum traurigerweise vorenthalten bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, verleiben Sie sich die drei verschiedenen Studio-Aufnahmen ein, wägen Sie sie gegeneinander ab und schildern Sie Ihre dabei gewonnenen Eindrücke frank und frei - wo, wenn nicht hier, wann, wenn nicht so rasch als Ihnen eben möglich.
Ohne Ihren eigenen Eindrücken vorgreifen zu wollen (nichts läge mir ferner, meine hochgeschätzen Damen und Herren), lasse ich Sie nunmehr an meiner eigenen - gleichsam prinzipalen - Meinung zu vorliegendem Song teilhaben:
Laura ist ein Lied, welches - trotzdem es von hervorragender Qualität ist - von vielen anderen und eben noch besseren Sinatra-Balladen etwas in den Hintergrund gedrängt wird. Dennoch hat der Song durchaus seine Qualitäten, welche natürlich vor allem (aber nicht nur) in Sinatras Gesang begründet liegen.
Zur Columbia-Version bleibt nichts anderes zu sagen, als dass Sinatra hier wieder einmal nachhaltigst unter Beweis stellt, welch Sänger, welch Interpret er in dieser seiner Blüte- und Glanz-Zeit war – wieder einmal und wie so oft ganz und gar berückend. Auch das Arrangement von Maestro Stordahl verdient unsere ungeteilte Hochachtung. Ihm, dem Maestro, gelingt es hier, eine wunderbare, geheimnisvolle Atmosphäre zu schaffen, die den Hörer beinahe schon an eine romantisch-mysterioese Schaudermär von Edgar Allen Poe gemahnt.
Dagegen fällt die Capitol-Version etwas ab, wenngleich auch diese Fassung natürlich an sich sehr gut ist, alles was rechts von links ist. Jedoch scheint mir Sinatras Gesang hier nicht mehr ganz so beweglich zu sein wie in den früheren Jahren, Pardauz, ich kann nicht umhin, hier eine gewisse Sprödigkeit im Vortrag zu verorten. Jenkins – auch er verdient natürlich den Titel Maestro – besticht wie immer im Umgang mit Streichern, dennoch sehe ich das Stordahl-Arrangement leicht im Vorteil.
Anno 1962 übrigens erschien ein Album namens Sinatra Conducts Music From Pictures And Plays, bei welchem sich Sinatra auf eine Mitwirkung als Dirigent beschränkte, auf besagtem Album ist auch eine Instrumental-Fassung von Laura enthalten. Zwanzig Jahre später machte der Barde für ein Album seines Tour-Trompeters Charles Turner erneut den Dirigenten, auch hier hört man eine rein instrumentale Version von Laura.
Diese Instrumental-Versionen kenne ich - vielleicht sehr im Gegensatze zu Ihnen, meine Hochgeehrten - nicht und möchte dennoch fast meinen, dass es im Endeffekt wenig Unterschied gemacht haben dürfte, wer hier nun das Stäbchen führte. Vermutlich ganz einerlei, ob Sinatra oder ein Studio-Dirigent... Je nun, Sinatra erfüllte sich anno 1962 mit diesem Projekt wahrscheinlich einen großen Wunsch, wie sehr das Ergebnis nun von ihm geprägt ist oder auch nicht, wohlan, das sei dahingestellt. 1982 mag er dem Album seines Trompeters zu Popularität verhelfen haben wollen, indem er seinen Namen als Dirigenten auf das Cover setzen ließ - allein es wurde dem auf einem Kleinst-Label vertriebenen, bis dato nicht auf CD erschienenen Album kein Erfolg zuteil. Charles Turner war übrigens völlig verarmt, als er anno 2006 das Zeitliche segnete.
Die Live-Versionen, die Sinatra Anfang der 80er Jahre zum Besten gegeben hat, kenne ich allesamt nicht, schon allein deswegen, weil mich diese Periode von Sinatras Werken und Wirken insgesamt nur wenig interessiert, da ich der Überzeugung bin, dass Sinatra damals bereits künstlerisch weitgehend ausgebrannt war und sein einzigstes Verdienst in dieser Spaeth-Phase allerhöchstens darin liegt, dass er die Musik einer vergangenen Epoche in das (damals) Hier und Heute herüberrettete – wenngleich auch meines Dafürhaltens nach mit einiger stimmlicher Unzulänglichkeit. Bis Mitte der 60er Jahre hielt Sinatra den Blitz in der einen Hand und den Donner in der anderen, aber nach 1970 stand er mit zunehmend leeren Händen da. - - - Ein gewiss trauriger Umstand, aber da kann man nichts machen...schockschwerenot... greinend in einem Meer von Selbstmitleid und Fremdschande zu ersaufen hilft leider auch nicht weiter.
Dass er im weiteren Verlauf der beginnenden 80er Jahre dann in Konzerten dazu überging, Laura dazu zu verwenden, um seinem Trompeter Charles Turner Gelegenheit für solistische Brillanz zu geben, nimmt angesichts Sinatras fortschreitendem stimmlichen Verfall nicht im mindesten Wunder - Laura ist mit seinen langen Bögen, welche großes Können und vor allem auch viel Luft erfordern, wahrlich kein Vehikel mehr für den greisen Sinatra mit seiner brüchigen Stimme, die kaum einen Ton, der länger war als drei Sekunden, halten konnte... - - - Seien wir doch ehrlich, machen wir uns doch nichts vor, meine lieben Freunden, Mitte der 80er Jahre hätte sich Sinatra mit Laura nur noch blamiert (wir kennen das ja von ähnlich schwierigen Balladen, die dem greisen Sänger in der Endphase seiner unnütz in die Länge gezogenen Karriere regelmäßig in die Hosen gingen).
Jetzten aber, meine sehr verehrten Damenherren, sind Sie an der Reihe.
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***