Diesmal möchte ich Ihnen, werte Besucher dieses Forums, ein Thema vorschlagen, welches sich meiner Ansicht nach ganz hervorragend für eine intensive Auseinandersetzung mit Sinatras musikalischer Hinterlassenschaft eignet:
Anhand des konkreten Beispiels Guess I´ll Hang My Tears Out To Dry ersuche ich Sie, Sinatras Glaubwürdigkeit als Interpret eines Songs zum Gegenstand Ihrer/unserer Betrachtungen zu machen.
Dieser Song ist dazu geschaffen wie kaum ein anderer, liegt er uns doch in Aufnahmen aus allen Schaffensphasen, ich möchte behaupten: Lebensphasen Sinatras vor.
Erläutern Sie also, warum Ihnen Sinatra gerade in dieser oder jener Aufnahme des Songs besonders glaubwürdig und lebensecht erscheint bzw. in dieser oder jener Aufnahme weniger oder gar nicht. Sie sind sicher einer Meinung mit mir, wenn ich behaupte, dieses Thema bietet ungeheuer weiten Raum für vielschichtige Betrachtungen und Analysen. Für dieselben ist es unumgänglich, sich – diesmal vielleicht noch intensiver als gewohnt – mit dem Text des Songs auseinanderzusetzen.
Folgende offizielle Aufnahmen des von Sammy Cahn und Jule Styne geschriebenen Songs stehen Ihnen als Grundlage Ihrer Betrachtungen und Schlussfolgerungen zur Verfügung:
Studioaufnahmen Version vom 30.7.1946 (Columbia) - - - 12 CD The Columbia Years – The Complete Recordings Version vom 29.5.1958 (Capitol) - - - Album „Only The Lonely“ Vesion vom 9.7.1993 (Capitol) - - - Album „Duets“
Die von Axel Stordahl arrangierte 46er-Version finden Sie auch auf dem 4-CD-Set „The Best Of The Columbia Years“, die von Nelson Riddle arrangierte 58er-Fassung finden Sie auch auf dem 3-CD-Set „The Capitol Years“ sowie auf der Doppel-CD „Sinatra 80th – All The Best“, die 1993 entstandene Fassung wurde elektronisch mit einem von der vor allem in den 70er Jahren sehr populären Sängerin Carly Simon gesungenen „In The Wee Small Hours“ überblendet. Neben diesen wichtigsten drei Aufnahmen des Songs mag es noch eine ganze Reihe Radio-und Live-Mitschnitte geben, die meisten allerdings auf inoffiziellen Tonträgern.
The torch I carry is handsome It's worth its heartache in ransom And when the twilight steals I know how the lady in the harbor feels When I want rain, I get sunny weather I'm just as blue as the sky Since love is gone, can't pull myself together Guess I'll hang my tears out to dry
Friends ask me out, and I tell them I'm busy Must get a new alibi I stay at home, and ask myself "Where is she?" Guess I'll hang my tears out to dry Dry little tear drops, my little tear drops Hanging on a stream of dreams Fly, little mem'ries, my little mem'ries Remind her of our crazy schemes Yes, somebody said "Just forget about her" So I gave that treatment a try And strangely enough, I got along without her Then one day she passed me right by Oh well I guess I'll hang my tears out to dry
*** Sinatras Glaubwürdigkeit als Interpret anhand eines konkreten Beispiels *** Und besser kann man dafür keinen Song auswählen, als "Guess I'll Hang My Tears Out To Dry", ich würde diesen Song sofort in meine Top 10 der besten Songs aufnehmen... Die Studioversion von '57 ist technisch perfekt und auch sehr bewegend, die ultimative Version stammt jedoch aus der Carnegie Hall 1980, nie hat Sinatra einen Song mehr interpretiert, als diesen bei diesem Konzert. Der Auftritt ist in der Tat so überwältigend und bewegend, dass mir jedes Mal nichts Anderes üübrig bleibt, als vor Hingerissen- und Bewegtheit zu schluchzen.
Die Duets-Fassung, verpaart mit "In The Wee Small Hours" ist Nichts, gar Nichts. So einfach ist es, diese Version zu bewerten!
aleksej schicke
(
gelöscht
)
Beiträge:
21.11.2005 19:45
#3 RE: Sinatras Glaubwürdigkeit als Interpret anhand eines konkreten Beispiels
Ich möchte hier noch einmal die Version vom Carnegie Hall-Konzert von 1980 aufgreifen. Ich kenne kaum einen Song, der mich mehr bewegt hat, als diese Version von "Guess I'll Hang My Tears Out To Dry"! Und ich werde niemals müde werden, diese Interpretation des Songs dahin zu loben, wo es hingehört, nämlich an die vorderste Spitze der Analen der Popgeschichte. Neben den Tränen der Rührung steht mir aber auch bei jedem neuerlichen Hören die Zornesröte ins Gesicht. Dieses Konzert muss veröffentlicht werden, lieber heute als Morgen! Stattdessen wird einem für teures Geld das eher verzichtbare "The First 40 Years" verkauft, ein unhaltbarer Zustand!
Nebenbei möchte ich noch an die Verantwortlichen apellieren, bei einer (hoffentlich) baldigen Veröffentlichung dieses überirdisch guten Konzertes, ja vielleicht besten Live-Auftritts der 100.000-Jährigern Musikgeschichte die Finger vom Klang zu lassen! Würde das schlampe Remastering, wie wir es von den CDs aus den Häusern Reprise/Capitol gewohnt sind, auch hier die feinen Nuancierungen und Schattierungen in Sinatras Stimme vernichten, so wäre das wirklich ein unfasslicher, ja verbrecherischer Meuchelmord und gleichzeitig Rufsschädigung des Besten Sängers überhaupt. Man stelle sich die Jugendlichen vor, die daheim vor der Flimmerkiste sitzen und ihren Sinatra-Begeisterten Vater fragen -der angesichts der Freude über die Neuveröffentlichung sein Carnegie Hall-Bootleg in die analen der Müllgeschichte eingehen ließ- wo denn nun diese feinen Nuancierungen seien in der Stimme dieses Mannes und dieser gute Mann angesichts des Schocks stirbt, ohne vorher zu antworten, dass dies nur beim Bootleg der Fall ist, weil bei Warner, die das Teil veröffentlicht haben, in der Remaster-Stube nur Schlampen sitzen - diesen Schlag würde die Sinatra-Fangemeinde nicht aushalten!
Deshalb appelliere ich an alle, die dies nun lesen, auf eine Veröffentlichung des Konzertes zu bestehen und Warner auf der Stelle mit bösen E-Mails oder -noch fieser- Bootlegs zu bombardieren und Ihr seht, meine Freunde: Wir werden obsiegen!
Offenbar ist Kollege Thorstens Aufruf nicht auf taube Ohren gestoßen - wenn ich recht informiert bin, ist besagtes Konzert aus der Carnegie Hall nunmehr innerhalb der Box SINATRA NEW YORK offiziell erschienen und somit jedermann - nötiges Kleingeld vorausgesetzt - zugänglich.
Oh wie herrlich, wenn man sieht, wie ein vor Jahren gehegter sehnlicher Wunsch urplötzlich zur Realität wird!
Was den Klang angeht, ist mir keine Bewertung möglich, da ich das inoffizielle Teil nicht kenne (jedenfalls nicht als Bildträger) und die Box bislang noch nicht erstanden habe - ein Zuwarten nämlich wirkt sich erfahrungsgemäß günstig aufs Geldsäckel aus, innerhalb weniger Monate wird die Box drastisch preisgesenkt werden. Amazon hält derweilen noch unbeirrt am Einführungspreis von rund achtzig Talern fest (immerhin befinden wir uns im Weihnachtsgeschäft), während bei CDWow die Box mit zwoundsechzig Talern erworben werden kann, ebenfalls frei Haus übrigens. Wir werden die Preisentwicklung im Auge behalten, meine Damen und Herren.
Hallo aus Wien, eines verwundert mich immer wieder, wenn ich mir die Alben von Sinatra anhöre, die sich auf Einsamkeit und enttäuschter Liebe beziehen. War er privat wirklich so einsam und enttäuscht? Meines Wissens hatte er ja genug Feunde und Freundinnen sowie Frauen mit denen er liiert war. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mann, der solche Lieder darbringt, privat glücklich war. Hat hier jemand eine Stellungnahme dazu?
Meines Wissens nach war Sinatra von manisch-drepressiver Charakterdisposition. Vermutlich hatte er viele oberflächliche Bekanntschaften, aber wenige wirklich Vertraute. Wie es der Erfolg mit sich bringt, dürfte er zudem auch den Leuten seines Umfelds, vor allem den Vielen, die seine Bekanntschaft suchten, eher Misstrauen entgegengebracht haben - der Erfolgreiche vermag oft nicht zwischen echten Freunden und Speichelleckern zu unterscheiden, zumal auch die zwote Sorte überwiegt. Seine Ehen verliefen mehr oder weniger allesamt wenig glücklich, zudem war Sinatra als eher schwieriger Charakter bekannt. Dies alles mag natürlich auch in seine Kunst einfließen - in der Tat, seine Musik spiegelt wohl in gewisser Weise seine Person: einmal der überschäumende, vor Lebenslust berstende „Swinger“, andererseits der zur Melancholie und Weltschmerz neigende „Loner“.
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***