Meine Damen und Herren, warum sollten wir uns nicht einem Song aus Sinatras Spät-Phase zuwenden, einem Song der verhältnismäßig wenig bekannt ist und der im Werk des Barden ein unbesungenes Schattendasein fristet?
Es handelt sich dabei um eine der unbekanntesten Studio-Aufnahmen Sinatras, er nahm den Song auf und ließ ihn im Archiv ablegen woselbst er (der Song, nicht etwa der Barde) in der Dunkelheit vergessen wurde, bis man sich seiner erinnerte, als man die gewaltige Werkschau The Complete Reprise Studio Recordings zusammenstellte, welche anno 1995 veröffentlicht wurde.
Wohlan, ich stelle Ihnen hier den Text zur Verfügung, auf dass Sie umso ersprießlicher über den Song disputieren können:
Love Makes Us Whatever We Want To Be (Text und Komposition: Sammy Cahn/Jule Styne)
Love makes us whatever we want to be, You and me the tip of the top of the tree, We can hit the target the others aim for, Be whatever they put your name in the for a fame for, What we are is absolutely unique, Looking at the world from the peak of the peak, We're about to make us some history So don't quiet it, just forget that wild on the story Listen to my poor heart imploring, I just need to know you're adoring me, Cause love makes us whatever we want to be. Hail those famous lovers, they've met their match, There in kindergarten just starting from scratch, We're about to solve the great mystery. So don't fight it, only close while heaven's deciding, Watching stars and planets colliding From this lovely rainbow we're riding free, Love makes us whatever we want to be. Love makes us whatever we want to be.
Aufnahmedaten der verschiedenen von Sinatra im Studio eingesungenen Versionen: 17. August 1982 (Reprise) 19. Januar 1983 (Reprise), blieb bislang unveröffentlicht
Nach seinem "Rücktritt vom Rücktritt" anno 1973 befand sich Sinatra bis zum Ende seiner Karriere 1995 fast permanent auf Tournee, war aber nur ein sehr sporadischer Gast in den Aufnahmestudios, so gibt es denn aus den letzten rund zwanzig Jahren seiner langen Karriere verhältnismäßig wenige neu entstandene Tonträger: Nur sieben neue Langspielalben wurden in dieser Zeit eingespielt, zählt man die beiden Duets-Alben zusammen (das Material für beide Alben wurde in einer zusammenhängenden Serie von Aufnahmesessions eingespielt) gar nur sechs, wobei zwischen den letzten beiden sogar rund zehn Jahre liegen. Daneben gibt es einige abgebrochene Projekte und vereinzelte Single-Veröffentlichungen - manche Aufnahmen ließ man auch Jahre im Archiv schimmeln, ohne sie zu veröffentlichen und einer solchen wollen wir uns, wenn Sie es erlauben, nun hierorts widmen.
Um diesen Song zu kennen, müssen Sie - werte Dame, lieber Herr - die mächtige und entgegen dem hochtrabenden Titel doch nicht ganz komplette, ganze zwanzig CD´s umfassende Werk- schau The Complete Reprise Studio Recordings Ihr Eigen nennen - nur dorten nämlich wurde Love Makes Us Whatever We Want To Be erstmals anno 1995 veröffentlicht.
Sie finden den Song dorten auf CD Numero Zwanzig - durch diese Information sind Sie nunmehr des lästigen Herumsuchens enthoben, ein Service, wie es Ihnen freilich nur die EOTC-Seiten bieten,meine Damen und Herren.
Wenn Sie, verehrte Leserin, geschätzter Leser, zu jenen Sinatra-Interessierten gehören, die auch den Plattenhüllen beziehungsweise CD-Booklets Ihre Aufmerksamkeit schenken, werden Sie in den "Beipacksinformationen" vieler Sinatra-Alben den Namen Sammy Cahn und Jule Styne begegnet sein - die Wahrscheinlichkeit dafür ist recht hoch, denn die beiden haben, einzeln oder oft auch gemeinsam, eine sehr stattliche Anzahl von Songs zum Großteils eigens für Sinatra verfasst - und das über Jahrzehnte hinweg, vor allem aus der Capitol-Phase 1953-61 liegen etliche Single-Veröffentlichungen vor, welche aus der Feder der beiden stammen, ent- weder gemeinsam oder mit anderen Partnern geschrieben, alle nachzuhören auf der Kollektion The Capitol Singles Collection.
Love Makes Us Whatever We Want To Be ist allerdings bloß eine Routine-Arbeit der beiden, die kindlich anmutende Melodie konventionell, der Text kaum mehr als eine Aneinanderreihung von Platitüden, wenngleich es durchaus einige Zeilen gibt, die recht charmant wirken. In Summe jedenfalls nichts, was Großmutter vom Nachttopf schmeißen könnte, jedenfalls sicher nicht zu vergleichen mit Liedern, welche sie dereinst für den Barden geschrieben haben, wie etwa Three Coins In The Fountain oder Five Minutes More um nur zwei Beispiele anzuführen.
Auch das Arrangieren von Love Makes Us Whatever We Want To Be wurde in bewährte Hände gelegt, nämlich in jene von Billy May, ebenfalls jahrzehntelanger Wegbegleiter des Barden und an manch Meisterwerk vor allem der 50er Jahre als führender Kopf beteiligt. Hier aber lieferte der Meister nicht viel mehr ab als Konfektionsware, die er sich mutmaßlich beiläufig aus dem Ärmel hat fallen lassen, während er darauf wartete, dass sein Teewasser zu sieden begann.
Die oftmals so unverkennbare Handschrift May´s ist hier eigentlich kaum auszumachen, jeder drittsemestrige Student hätte das Arrangement genauso gut, wenn nicht sogar besser hinbe- kommen. Das für die Aufnahme verpflichtete Orchester stand unter der Leitung von Vincent Falcone jr.
Unter diesen Voraussetzungen deuten die Zeichen ganz klar auf eine Durchschnittsnummer und auch Sinatra, welcher das Steuer durch eine besonders pointierte Interpretation immerhin theoretisch hätte herumreissen können, liefert eine wenig überzeugende Leistung. Es ist ja inzwischen schon hinlänglich bekannt, dass Sinatra auf seine alten Tage kaum mehr einer aufsehenerregenden Leistung fähig war, hier aber kommt man nicht umhin festzustellen, dass er sich bei Love Makes Us Whatever We Want To Be offenbar auch gar nicht darum bemüht hat, irgendetwas aus dem Lied herauszuholen. In der Tat: Der Barde kämpft sich offenbar gelangweilt durch den Song und legt eine wirklich selten seelenlose Interpretation vor.
Gerade Sinatra wurde immer dafür gerühmt, einen manchmal auch banalen Song "zum Leben erwecken" zu können. Nichts von alledem ist hier zu spüren - der Text bleibt was er ist: ein paar Zeilen auf einem Blatt Papier, von Sinatra emotionslos und von vorne bis hinten schlichtweg unbeteiligt heruntergesungen. Sinatras Aufnahmen der Post-Retirement-Phase haften ja generell sehr oft eine mehr oder weniger große Müdigkeit und Trägheit im gesanglichen Ausdruck an - hier aber meint man unwillkürlich, der Barde schlafwandle geradewegs. Ich habe auch den Eindruck - und sicher werden diesen Eindruck viele von Ihnen teilen - Sinatra hat den Song in einem Sessel sitzend aufgenommen, statt hinter einem Gesangspult zu stehen. In der Tat: Ich sehe ihn vor meinem geistigen Auge in einem Polstersessel versunken, eine Lesebrille auf der Nase, den Text, den er vorher vielleicht höchstens zweimal gelesen hat, in der Hand und auf die im Studio Anwesenden ganz allgemein einen äußert abgegekämpften, welken Eindruck machend. Dies Bildnis steht mir so deutlich vor Augen, dass mir tatsächlich ist, ich bräuchte nur die Hand auszustrecken, um Sinatra zu kneifen.
Vor allem im ersten Teil wirkt der Barde vollkommen übermüdet, so als habe er sich die Nacht zuvor bezecht oder zumindest schlaflos in den Pfühlen gewälzt. In der Tat, es ist schon eine seltene Kunst, einen immerhin in weiten Teilen mittelschnellen Song dermaßen einschläfernd zu singen. Im schnelleren Teil des Songs wirkt Sinatra dann völlig abgekämpft und total ausge- pumpt, so als würde man ihn - Gewehr im Anschlag - einen steilen Hügel hinantreiben.
Womöglich kam der Barde - abgesehen vom naturgemäß immer deutlicher werdenden stimm- lichen Verschleiß - im Alter unter Studiobedingungen einfach nicht mehr in die Gänge, war in Ermangelung eines Live-Publicums nicht in seinem Element und fühlte sich vielleicht auch durch die veränderten technischen Bedingungen einer Studio-Produktion unwohl und eingeengt. Auch hängt bei einem Mann dieses Alters sehr viel von der aktuellen Tagesverfassung ab - alles Aspekte, die es immer wieder zu bedenken gilt, wenn es darum geht, Sinatras Alterswerk einer - wie Sie es von Ihrem Prinzipal gewohnt sind - fachkundigen und sachlich fundierten Beurteilung zu unterziehen. Die zweite an diesem Tage angefertigte Aufnahme - die Ballade Searching - zeigt den Sänger sogar in noch unerfreulicherem Lichte: Selten zuvor oder danach klang Sinatra so vergrämt und weinerlich.
Übrigens war der Barde von seiner Leistung wohl selbst alles andere als erbaut, er entschied sich nämlich einige Monate später, Anfang 1983, mit Joe Parnello als neuem Orchesterleiter zu einem zweiten Anlauf, welcher aber wohl ein ähnlich unzufriedenstellendes Ergebnis gezeitigt haben dürfte, denn beide Versionen von Love Makes Us Whatever We Want To Be wurden - anstatt wenigstens eine davon in irgendeiner Form der Veröffentlichung zuzuführen - im Archiv abgelegt, woselbst die zweite Fassung noch heutigentags Staub fängt - sie gelangte niemals an die Öffentlichkeit, ein Umstand, welcher sich vermutlich auch in den nächsten Jahren nicht ändern dürfte. Dasselbe Schicksal erlitt Searching, welches hier ebenfalls einen zweiten Anlauf erlebte, sowie auch der Titel It´s Sunday, welcher ebenfalls an diesem Datum aufgenommen wurde. Letzterer Song wurde eine Woche später erneut eingespielt, blieb aber ebenfalls lange unveröffentlicht, bis er schließlich 1990 auf dem Vier-CD-Set The Reprise Collection erstmals herausgebracht wurde.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass Sinatra Love Makes Us Whatever We Want To Be, wäre der Song bereits in den 50er Jahren geschrieben worden, zu dieser Zeit um einiges erfreulicher dargeboten würde haben. An sich auch als Song nur durchschnittlich, hätte es für eine Single- Veröffentlichung jedoch sicherlich unter allen Umständen und allenthalben gereicht.
Meine Damen und Herren, nun sind Sie gefordert - Bahn frey! - Tragen Sie mit Ihren Beiträgen zu einem ersprießlichen und erquickenden Diskussionsverlauf bei - Liebe Leserin, geneigter Leser tauchen Sie recht geschwind den Federkiel ins Tintenfäßchen, schreiben Sie sich die Finger wund... und vergessen Sie über all dem niemals: Ihr Prinzipal hat Sie lieb.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Sinatra-Enthusiasten! Erlauben Sie mir bitte, Ihnen gegenständliches Thema noch einmal und von Neuem ganz besonders nahezulegen. Leider verlief die Diskussion bislang eher schleppend, ein Umstand, welcher Ihnen allen zweifelsohne nicht entgangen sein dürfte... nun denn - wir wollen die Tatsachen nicht beschönigen: Die Diskussion verlief bislang nicht schleppend, sondern vielmehr gar nicht.
Wohlan: geben Sie sich nunmehr flugs die Sporen und teilen Sie uns und der versammelten interessierten Sinatra-Gemeinde Ihre Meinung zu LMUWWWTB mit. Nachfolgende Generationen werden es Ihnen danken. Ihr Prinzipal wartet zudem schon begierig auf Ihre Kommentare.
Holger hat vieles bemerkt, dem ich mich anschließen möchte. Allenfalls das Songmaterial finde ich in diesem Fall nicht so drittklassig, wie es nach Meinung des Principals ist. Sicherlich, das Arrangement tut einiges dazu, den Song ins Seichte zu ziehen, aber kompositorisch gibt es meines Erachtens gar keine so gravierenden Unterschiede zu etwa Three Coins in a Fountain.
Man stelle sich zum besseren Verständnis nur ein paar Sekunden lang letzteres Lied mit einem ähnlich seichten Arrangement vor, wie es vom lustlosen alten Francis Sinatra vorgetragen wird ... ... ... danke, das genügt, verharren wir nicht zu lange in solchen Schreckensvisionen, damit unser Geist nicht Schaden nimmt. Im Dienste der objektiven "wissenschaftlichen Beurteilung" ist also das Image des Songs zurechtzurücken, der unter den Umständen gelitten hat und an sich wenig dafür kann, dass er auf Francis Albert Sinatra den Älteren getroffen ist.
Dass die 1983er Aufnahme nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangt ist, bedaure ich nicht. Schließlich unterstelle ich gute Gründe, warum so verfahren wurde. Jedoch, noch einmal sei gesagt, auf den Song lasse ich nichts kommen. Man stelle sich vor, eine vor Energie sprühende Rosemary Clooney hätte ihn Mitte der 50er gesungen - falls es ihn damals überhaupt schon gab, was für die Überlegung keine Rolle spielt - dann wäre er gewiss nicht mit dem Stigma einer langweiligen Nummer behaftet. Sinatra senior hat ihn dann, indem er ihn totgesungen hat, für eine große Anzahl nachfolgender Interpreten ruiniert. Kaum jemand singt heute noch dieses Lied, und Frankie ist nicht unschuldig daran. Zumindest ist mir ohne Recherche keine Aufnahme eines anderen Künstlers bekannt. Wenn jemand eine kennt, ich würde sie mir gerne anhören. Man könnte einiges mehr draus machen.
Auf der anderen Seite, und damit möchte ich schließen: Ist es nicht tröstlich, dass Sinatras Fassungen nicht in allen Fällen das künstlerische Nonplusultra darstellen? Denn dann bräuchte kein Sänger, keine Sängerin mehr das "Sinatra Songbook" aufzuschlagen, weil man sich ohnehin nur blamieren könnte. Love Makes Us Whatever We Want To Be ist ein Beispiel dafür, dass es in der Welt der 40er, 50er, 60er, 70er und sogar der 80er noch viel Material gibt, das noch nicht zur Perfektion auf Band gebracht wurde. Weitersingen lohnt sich also auch für den heutigen Künstler, selbst wenn man sich nicht den musikalischen Modeerscheinungen hingeben möchte. Es gibt in der Unterhaltungsmusik viel Zeitloses, das erst noch seinen Meister finden muss, der es in raffinierter Brillanz erstrahlen lassen kann.
Be who you are and say what you feel because those who mind don't matter and those who matter don't mind.
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***