Hochgeehrtes Publikum von nah und fern, wo immer Sie gerade sein mögen, sein wollen oder auch tatsächlich sind, ganz gleich ob Sie eingefleischter Columbianer oder eingeschworener Capitolist oder bekennender Reprisianer sind oder gar Verfechter der James/Dorsey-Zeit, ich begrüße Sie gleichermaßen herzlich in diesem gastlichen Forum und schreite unverzüglich zur Vorstellung unseres neuesten Diskussionsthemas – war unser letztes Album-Thema das erste Sinatra-Album für das Label Reprise (vergleichen Sie dazu bitte den Thread „Ring-A-Ding-Ding“, welcher eben dieses Album in hochersprießlicher Weise thematisiert), so wenden wir uns heute einem Album zu, welches eine nicht minder große historische Bedeutung hat – ganz und gar abgesehen von der bahnbrechenden musikalischen Bedeutung und Wirkung des Albums nicht nur, wenn auch natürlich vor allem, für Sinatras Karriere.
In der Tat, ein ganz besonders ergiebiges Thema wird Gegenstand der nächsten Diskussionsrunde sein, meine lieben Freunde sowie lieben Brüder und Schwestern im Geiste: Besonders ergiebig schon allein deshalb, weil es sich hierbei genau genommen um gleich zwei hochgradig erquickliche Alben handelt, welche im Original seinerzeit (seinerzeit bedeutet in diesem und unserem Falle anno neunzehnhundertundvierundfuenfzig) als 10“-LPs veröffentlicht wurden. Dieses Format war der Vorläufer der auch heute noch gebräuchlichen 12“-Langspielplatte und beinhaltete in der Regel acht Songs. Sinatra war einer der ersten Künstler, der die Möglichkeiten des neuen LP-Formats voll ausschöpfte, indem er inhaltlich und stimmungsmäßig verwandtes Liedgut zu Songzyklen zusammenfasste und somit als einer der ersten Pioniere des Concept-Album-Gedankens gelten darf. Sinatra war mit dieser Idee damals seiner Zeit in gewissem Sinne weit voraus, denn „Concept-Alben“ wurden erst in den 60er und 70er Jahren beim Massenpublikum so richtig populär, als Rocksänger und -gruppen wie David Bowie („The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“) oder Pink Floyd („The Wall“) mit themenbezogenen Alben Furore machten.
Wohl an, die beiden Alben, die ich hiemit zur Diskussion stelle, entstanden 1953 und 1954 für die Firma Capitol und wurden im Januar 1954 bzw. August 1954 erstveröffentlicht. Im August 1960 wurden die Alben – jeweils um einige Songs ergänzt – auch im 12“-Format wiederveröffentlicht. In verschiedener Form auf CD herausgebracht, stelle ich Ihnen jene Ausgabe vor, welche am ehesten den seinerzeitigen Originalveröffentlichungen entspricht, nämlich beide jeweils acht Songs umfassenden 10“-LPs auf einer CD: Songs For Young Lovers / Swing Easy.
My Funny Valentine The Girl Next Door A Foggy Day Like Someone In Love I Get A Kick Out Of You Little Girl Blue They Can´t Take That Away From Me Violets For Your Furs
Just One Of Those Things I´m Gonna Sit Right Down And Write Myself A Letter Sunday Wrap Your Troubles In Dreams Taking A Chance On Love Jeepers Creepers Get Happy All Of Me
Je nun, geschätzte Sinatra-Enthusiasten, wie Sie erkennen können, haben wir es diesmal fraglos mit einem besonders ergiebigen Thema zu tun (natürlich ist jedes meiner vorgeschlagenen Themen ergiebig, in diesem Falle jedoch eben ganz besonders) und eben aus diesem Grunde freue ich mich mit Ihnen auf viele Antworten, Meinungen und Beiträge zu diesen beiden Alben, für welche Nelson Riddle als Arrangeur verantwortlich zeichnet.
In meiner Eigenschaft als Prinzipal der EOTC-Seiten wünsche ich Ihnen, werte Leserinnen und Leser, ungetrübtes Hörvergnügen mit diesen beiden Werken, welche Sinatras erste Longpaly-Veröffentlichungen für das Label Capitol darstellen.
Einen Großteil der hier vertretenen Arrangements schrieb ja tatsächlich George Siravo, auch wenn auf dem Cover etc ausschließlich von Nelson Riddle die Rede ist.
Wie auch immer, "Songs For Young Lovers" kann man getrost als den Einstand in ein neues Zeitalter ansehen, so scheint der Schnulzensänger endgültig gestorben zu sein. Dennoch ist dieses erste Album noch nicht ganz das, was wir in den nächsten Jahren von ihm gewohnt sind zu hören. Wie wir wissen, hatte Sinatra eine Schilddrüse vom Ausmaß einer prähistorischen Raubechse. Dieses Selbstbewusstsein ist bei "Songs For Young Lovers" noch nicht ganz zurückgekehrt, das kann man deutlich hören. Nach all den Demütigungen der letzten Jahre ist das auch nur allzu verständlich. Das soll in keinster Weise bedeuten, dass mit "SFYL" nicht gefällt, ganz im Gegenteil. Dennoch will der Funke noch nicht hundertprozentig überspringen.
Anders ist hingegen "Swing Easy", hier begegnen wir zum ersten wirklichen Male dem locker-leicht swingenden Sänger, köstlich, mit welcher Leichtigkeit er sich durch die einzelnen Songs hangelt. Die Trackliste könnte im Grunde nicht besser sein, tatsächlich hat man (übrigens bei beiden Alben) den Eindruck, man wohne einer Best-Of Sammlung des Great American Songbooks bei. Mein Favorit: "Jeepers Creepers"!
Fazit: Danken wir dem Herrn für dieses Comeback, Gott muss jedenfalls einen guten Musikgeschmack haben!
Nach einigen außerordentlich erfolgreichen Jahren erfolgte Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre ein dramatischer Einbruch in Sinatras Karriere.
Die Verkaufszahlen waren immer tiefer gerutscht, das Publicum wandte sich nun neuen Stars zu, die künstlerischen Auffassungen von Sinatra und die der zeichnenden Verantwortlichen der Firma Columbia gingen immer weiter auseinander. Am Ende dieser zweifelsohne sehr unerfreulichen Entwicklung stand Sinatra nach zehn Jahren plötzlich ohne Schallplattenvertrag da und für die Musikpresse war er bereits abgeschrieben und totgesagt.
All dies sollte sich jedoch ändern, als Sinatra 1953 einen Plattenvertrag bei dem noch relativ unbekannten Label Capitol Records unterzeichnete. Wie weiland Phönix erhob sich Sinatra aus seiner eigenen Asche und es gelang ihm ein fulminantes Comeback.
Den Grundstein dazu lieferten die beiden ursprünglich auf zwei 10" - LPs erschienen beiden Alben Songs For Young Lovers und Swing Easy, aufgenommen 1953 und 1954. Sinatra erkannte als einer der ersten Sangeskünstler die erweiterten Möglichkeiten des neuen Longplay-Formats und entwickelte zusammen mit seinem Produzenten Voyle Gilmore und dem Arrangeur Nelson Riddle die Idee des "Concept Albums", die darauf beruhte, die Songs eines Platten-Albums thematisch zu verbinden, anstatt bloß eine willkürliche Abfolge von unabhängigen Liedern aufzunehmen.
Erste Versuche in diese Richtung hatte der Barde freilich bereits ab 1948 bei Columbia gemacht. Aufgrund der kurzen Laufzeit der damals gebräuchlichen Platten wurden die einzelnen Songs jeweils auf eine Platte gepresst und die Scheiben in ein Album gepackt. Von dieser Vorgehensweise leitet sich auch der Begriff "Album" ab, wie er noch heute verwendet wird, wenn von einer Schallplatte eines Künstlers die Rede ist. Doch zurück zu Capitol: Die Idee des sogenannten "Concept-Albums" erwies sich als so erfolgreich, dass man sie für alle kommenden Alben, die für Capitol eingespielt wurden, beibehielt.
Mit dem Wechsel zum neuen Arbeitgeber Capitol ging auch eine gravierende Wandlung künstlerischer Natur einher: Der Sinatra des Jahres 1953 unterschied sich signifikant von dem der 40er Jahre: Die Stimme hatte seit Ende der 40er Jahre bedeutend an Reife und Männlichkeit dazugewonnen, ohne aber dabei die Qualitäten, die die frühen Jahre auszeichneten, gänzlich zu verlieren. Die neue musikalische Konzeption richtete sich nun nicht mehr so wie in den 40ern vornehmlich an ein weibliches Publicum im Teenager-Alter, sondern vielmehr an ein erwachseneres Publicum zumindest beiderlei Geschlechter.
Die Arrangements gingen nunmehr weg vom romantischen Streicherteppich eines Axel Stordahl hin zu einer mehr jazz-akzentuierten Instrumentierung. Dafür verantwortlich war Nelson Riddle, mit dem Sinatra im Laufe der Jahrzehnte noch oft zusammenarbeiten sollte. Allerdings sollen die Arrangements für Songs For Young Lovers größtenteils nicht von Riddle, sondern von George Siravo stammen.
Die Songs für die beiden Alben wurden von Sinatra, Gilmore und Riddle gemeinschaftlich ausgewählt, wobei Sinatra bei der endgültigen Entscheidung das letzte Wort hatte. Bei der Auswahl konzentrierte man sich vornehmlich auf das sogenannte Great American Songbook und pickte sich hier wiederum die Rosinen aus dem Kuchen: My Funny Valentine, A Foggy Day, I Get A Kick Out Of You, All Of Me und all die anderen grandiosen Songs wurden zu Klassikern, die auf immer mit Sinatras Interpretationen verbunden bleiben werden, wenngleich es auch hervorragende Versionen von vielen anderen Sängern und Sängerinnen namentlich des Jazz-Faches gibt und fraglos auch in Zukunft noch geben wird.
Nicht wenige dieser Stücke nahm Sinatra später in den 60er Jahren für sein eigenes Label Reprise Records nochmals auf, aber als die definitiven Fassungen dürfen die hier zu Gehör gebrachten gelten.
Mit Songs For Young Lovers und Swing Easy gelangen Sinatra in der Tat zwei zeitlose Meisterwerke, die im Zeitalter der CD auf einer Platte vereinigt wurden und welche eigentlich in keinem Plattenschrank fehlen sollten. Beide Alben gibt es auch als Einzel-CD´s, welche dann jeweils mit einigen Bonus-Tracks angereichert wurden.
Die Diskussion zu dieser Veröffentlichung ist hiermit eröffnet.
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***