Guten Tag!
Dieser Eintrag ist eine Antwort auf einen Thread im Forum der DSS, der sich diesem Buch widmet.
Schon zum dritten Male verschwand ein von mir zu diesem Thema geposteter Eintrag aus dem Forum der Deutschen Sinatra Society – offenbar sitzt dorten irgend so ein Geck (keine Ahnung wer) herum, der sich jedesmal einen Spaß daraus macht, meinen Beitrag wieder zu löschen – offensichtlich ein verhinderter Humorist. Je nun, vielbeschäftigt wie ich bin, habe ich keine Zeit für derlei Kindereien. Somit habe ich den Eintrag nunmehr hierher in mein eigenes Forum verlegt.
Zum besseren Verständnis: Es handelt sich um einen Beitrag, der sich dem Umstand, dass in Haver´s Buch die Jahre 1995-98 nicht behandelt werden, widmet.
Somit haben wir die an sich kuriose Situation, dass die Antworten zu einem Thema eines Forums in einem anderen Forum zu finden ist... je nun, etwas umständlich mit der Kirche ums Kreuz gestiefelt aber dennoch praktikabler, als im DSS-Forum täglich den Beitrag neu zu posten, damit besagter Humorist nicht in Langeweile ertrinkt. Dies also mein Beitrag:
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Nach all den vielen lobenden Worten, die ich bisher für obgenanntes Buch vernommen habe, war ich in der Tat schon beinahe bereit, einen käuflichen Erwerb ins Auge zu fassen. Nun aber muss ich vernehmen, dass man die letzten Jahre des Barden völlig ausgespart hat? Gerade jene Jahre – speziell natürlich auch die letzten Monate, Tage, ja auch Stunden sind für uns Sinatra-Interessierte aber doch von ganz eminentem Interesse. Diese Zeit nicht zu berücksichtigen, ist geradezu Betrug am Leser. Dem Abschnitt 1995-1998 hätte man sicherlich einen hochgradig interessanten, um nicht zu sagen ersprießlichen Abschnitt des Buches widmen können, ja sollen und freilich geradezu müssen.
Immerhin gibt es sicherlich detaillierte Krankenberichte und schriftliche Diagnose-Aufzeichnungen, auch ärztliche Protokolle betreffend der Wehwehchen des greisen Stars. Auf diese hätte man für eine ernstzunehmende, allumfassende Biografie unbedingt zurückgreifen sollen. Wenngleich dieselben vielleicht auch in irgendwelchen Schränken unter Verschluss sind – wir alle sind ja Männer von Welt und wissen daher, dass dies nicht immer ein Hindernis darstellt, Hindernisse vielmehr dazu da sind, um aus dem Weg geräumt zu werden. Zu jedem verschlossenen Aktenschrank gibt es auch einen entsprechenden Schlüssel, wo dieser nicht griffbereit vorhanden ist, behilft man sich halt anderer Mittel, um zum Ziel zu kommen. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg, so sage ich immer und getreu dieses Wahlspruchs hätte der Autor auch hier handeln sollen, wenn es ihm denn wirklich darum zu tun gewesen wäre, ein umfassendes Buch zum Thema zu schreiben.
Mit ein klein wenig Einfallsreichtum hätte er sich also schon Zugang zu entsprechendem Material verschaffen können, als nun im Nachhinein sein diesbezügliches Versagen als eine Art „Pietät“ zu tarnen (s.o.) Alles was rechts und links ist, aber diese für uns so ungemein interessante letzte und allerletzte Phase des Alt-Stars so ganz und gar außer Acht zu lassen, halte ich für eine durchaus seltsame und auf alle Fälle unangebrachte Vorgehensweise. Die Öffentlichkeit, und ganz im Speziellen wir die Fans, haben ein Recht darauf, auch hinsichtlich dieser Phase genau ins Bild gesetzt zu werden. Bei einer Person des öffentlichen Lebens wird nunmal auch das Ableben jener Person zu einem Ereignis öffentlichen Interesses. So eine Person ist niemals, ich wiederhole niemals PRIVAT. Gerade die Behandlung des Themas durch einen Außenstehenden wie Havers (oder jedes anderen beliebigen Autors) wäre eine ideale Ergänzung zu den Aussagen Tina Sinatras, welche sie uns via Ghostwriter hat zukommen lassen, denn Tina Sinatra ist in diesem Zusammenhang ja insofern „befangen“ als es sich bei ihr um ein leibliches Kind des Barden handelt. Unbedingt begrüßenswert wäre daher eine Aufarbeitung dieser Periode durch einen objektiven Berichterstatter, welcher sachlich, kühl und distanziert sowie ohne „befangen“ im Sinne eines Angehörigen zu sein, mit der Materie umzugehen weiss.
Wie auch immer, ich wiederhole: Bei einer Persönlichkeit des öffentlichen Interesses, welche Sinatra zweifelsfrei ja war, kann und darf es schlicht keine Privatsphäre geben: Alles gehört in eine Biografie hineingepackt, so sie es wert sein soll, eine solche genannt zu werden. Insofern ist das Werk Havers´ also nicht das, was es vorgibt zu sein. Die letzten Jahre, Monate, Tage Sinatras waren NICHT privat! Es kann und darf wie gesagt keine Privatsphäre geben, sofern es sich um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens handelt - - - Ich darf Sie nur an den Tod von General Franco erinnern – da wurde wochenlang in allen Medien bis ins allerkleinste Detail berichtet, ganz wie es sich gehört. Wenn ich mich recht erinnere, waren sogar Fotos von Francos zerfressenem Magen, ja auch der Leber in den Illustrierten und Tageszeitungen zu bestaunen... Ich erinnere mich genau, dass ein Blatt einen behandelnden Arzt zitierte, welcher sagte, des Generals Magen wäre voller Löcher gewesen - - - Zurück zu Sinatra: Auch hätte man Ärzte und Pflegepersonal zu den genauen Umständen von Sinatras Ableben befragen können – ich denke, dies wären mit die interessantesten Passagen des Buches geworden. Insofern bin ich doch – wie ich frank und frey gestehen muss – einigermaßen enttäuscht. Beinahe zehn Jahre nach Sinatras Heimgang wird sich ja ganz sicherlich niemand mehr persönlich indigniert fühlen, wenn man mit der nötigen, meinethalben auch schonungslosen Offenheit die letzten Tage und Stunden des siechen Seniors akribisch nachzeichnet. Mir persönlich geht es hiebei nicht so sehr um grausige Details (Tina Sinatras Buch spart ja nicht mit diversen diesbezüglichen Anekdoten), sondern vor allem um ein umfassendes Gesamtbild der Person Sinatra – und da gehört m.E. der Blasenkrebs, die Herzattacken, die mehr und mehr schwindenden geistigen Gaben sowie die Selbstmordversuche des von mancherlei körperlichen Leiden ausgezehrten und der ganzen Sache überdrüssig gewordenen greisen Sinatra ebenso dazu wie etwa der Oscar für die beste Nebenrolle und die Medal Of Freedom. Ich glaube, dass die Schilderung seiner letzten Monate, Tage und Stunden auch eine enorme moralische Komponente in sich getragen hätte – etwa dergestalt, wie tatsächlich gleich wir doch alle sind, wenn es denn nunmal und unvermeidlich ans Abnippeln geht. Der Krebs kümmert sich nicht, ob er einen Chlochard, einen Koch, einen Straßenkehrer oder einen Präsidenten oder einen milliardenschweren Unterhaltungssänger zerfrißt, ihm sind alle gleichermaßen unterschiedslose Beute und so fortgeschritten die Medizin auch ist, nicht der immenseste Reichtum bewahrt einen vorderhand davor, über den Jordan zu setzen, wenn die Zeit nun mal gekommen ist. Insofern finde ich, dass hier auch eine große, ja eine allumspannende moralische Komponente ins Spiel kommt, deren Aufarbeitung dem Autor des Buches alle Ehre gemacht hätte.
Übrigens kann ich nicht zustimmen, wenn hier die Presse wegen ihrer Berichterstattung über die letzten Jahre, Monate, Tage in Bausch und Bogen schlecht gemacht wird: Die Öffentlichkeit hatte selbstverständlich ein Recht, über den Zustand des moribunden Seniors informiert zu sein. Im Zusammenhang mit „Gerüchten etc“ finde ich, dass Sinatras Pressesprecher der Boulevardpresse in Sachen „Unlauterkeit“ keinesfalls nachstand: Ich erinnere nur an die ständig heruntergebeteten Statements wie „...ist nur müde“, „..nur Routine-Untersuchung“, „...nur ein eingeklemmter Nerv“. Dies war ja an sich schon keine Informations- sondern DESINFORMATIONS-Politik, auf Verharmlosung und Lüge aufgebaut, alles was oben und unten ist, dies muss unbedingt einmal erwähnt werden, wenn man schon dabei ist, sich ständig gegen die ach so böse Journaille einzuschießen. So gut also das Buch von Havers ansonsten vielleicht sein mag: mit der Auslassung dieses immens wichtigen letzten Kapitels ist und bleibt es unvollständig – darf also eigentlich nicht den Anspruch erheben, eine Biografie zu sein.
Allen noch einen gemütlichen Abend
H.S.
Sinatra - Entertainer Of The Century
http://www.geocities.com/allthewaysinatra
“...die Diskussion geht weiter!...wo wenn nicht hier, wann wenn nicht jetzt?“