Hi Bruno,
ich kann Holger's Ausführungen nur unterstreichen, die Holiday lohnt immer - egal, ob nun 1935, 1945 oder 1955.
Ich besitze das gegenständliche Set im Übrigen, habe es im Februar für 52,99€ erworben und bin sehr begeistert.
Zum einen ist das auf den ersten Blick kein geringer Preis, jedoch sollte bedacht werden, dass man 6 CDs bekommt, der Preis ist mit 8 Eurosundeinpaarzerquetschten pro CD ist also sehr, sehr gut.
Hinzu kommt eine sehr robuste Metallbox, die obendrein sehr stilvoll gestaltet ist und ein sehr schönes Booklet (66 Seiten aus meiner Erinnerung heraus).
Die CDs sind einfach und platzsparend, aber effizient mit einer Art Ziehharmonika-Prinzip verpackt, durch das ganze Set hindurch stößt man übrigens auch auf die verschiedensten Sonnenmotive, was wohl etwas mit ihrem Namen "Lady Day" zu tun hat (Sonne -> Tag, also Day).
Grundsätzlich kann ich die Holiday natürlich empfehlen, jedoch ist zu beachten, dass ihr Gesang extrem eigenwillig, herb und anspruchsvoll ist und wahrscheinlich nicht jeder/jedem zum Gefallen gereicht.
Wenn man noch nichts von ihr besitzt, tut es ein offizieller Sampler (Man kann nicht oft genug vor Billigmüll warnen) auch für den Anfang, um Enttäuschungen bei einem solch teuren Kauf zu vermeiden.
Zu einer Jazz-Sammlung gehört die Holiday aber auf jeden Fall und der Sampler sollte es dann auch mindestens sein.
Für den Sinatra-Fan ist Billie Holiday im Übrigen gleich doppelt interessant, Holger wird das bestätigen können.
Er hat ja bereits angedeutet, dass Sinatra sie sehr bewundert hat.
Wenn von Sinatra's Vobildern die Rede ist, wird an vorderster Front und unvermeidlich immer von Bing Crosby gesprochen, was wohl auch gar nicht so falsch ist, nur im falschen Zusammenhang ausgelegt wird.
Er war immerhin der Superstar seiner Zeit.
Künstlerisch hat er Sinatra aber denkbar wenig beeinflusst, wenn man außer acht lässt, dass Crosby, das ursprüngliche Crooning mit erfunden hat, das Sinatra später so grundlegend umkrempelte.
Sinatra war im Gegensatz sogar einer der ersten, der sich vom Stil Crosby's abhob, einen völlig eigenen Stil entwickelte und damit auch noch erfolgreich war.
Tatsächlich dürfte die Wirkung Crosby's auf Sinatra sich darauf beschränkt haben, dass er ihn dazu inspiriert hat, ihn zu überflügeln.
Bei der Holiday ist das etwas deutliches Anderes, nicht unbedingt im Up-Tempo-Fach, aber auf jedem Fall bei den Balladen kann man einen unüberhörbaren Einschlag des Stils der Holiday auf Sinatra's Phrasierung ausmachen, beispielsweise was das Verschleifen von Silben usw. angeht.
Von Schönklang und Ästhetik kann in der Stimme Holiday's - wie weiter oben angesprochen - keine Rede sein, umso authentischer ist das Ergebnis.
Man hört dagegen insbesondere in dieser Box eine Frau, die vom Leben bereits gezeichnet ist und weiß, von was sie singt.
Keine echte Jugend, Prostitution, Ausnutzung durch fast das gesamte Umfeld, Drogenabhängigkeit inkl. Gefängnisstrafen und schließlich das unglaublich grausmae Verrecken - authentischer geht's nimmer.