Der Song wurde von Gil Ward und Charles Watkins geschrieben, zwei Personen, die (zurecht) keine Sau kennt. Frank Sinatra nahm sich dieses Songs im Rahmen seines Albums "Sinatra 65" an, das einen gnadenlosen kommerziellen Flop darstellte.
Aufgenommen hat er den Song am 14. April 1965 zu Hollywood, einem Tag, an dem ironischerweise auch die Songs "I See It Now", "When The Wind Was Green", "Once Upon A Time" und "How Old Am I ?" für das preisgekrönte Album "September Of My Years" einspielte, auch die Freeman-Single "When Somebody Loves You" nahm er an diesem Tag auf. Geleitet wurde die Aufnahme aus diesem Grunde übrigens von einem gewissen Gordon Jenkins... Hiermit hat der Siegeszug dieses übrigens von Ernie Freeman arrangierten Liedchens jedoch noch nicht einmal begonnen, zwar floppte "Sinatra 65" ebenso wie die gleichzeitig erschienene Single, jedoch nahm man das Stück im Herbst/Winter 1966 in das ebenfalls mit Freeman entstandene Album "That's Life" auf. "That's Life" wurde ein recht großer kommerzieller Erfolg (Platz 6 erreichte es in den Charts), selbst auf der 1968 erschienenen "Greatest Hits" ist der Song kurioserweise vertreten.
Hier der Text dieses interessanten Stücks Musik:
(Tell her you love her) each day You'll make her happy that way A simple "I love you" means more than money And, with a kiss or two her life is sunny
Give her a reason to live She needs the love that you give Always remember that is what she lives for She hopes you love her Tell her you love her Tell her you love her today
(Give her a reason to live) (She needs the love that you give) Always remember that is what she lives for She hopes you love her Tell her you love her Tell her you love her...today
War der verhältnismäßige Erfolg berechtigt, oder nicht berechtigt, denn immerhin war das Lied nur EIN Teil zweier Erfolgsalben - das ist es, was wir unter Anderem in nächster Zeit an dieser Stelle besprechen wollen. Gelegenheit, ihn zu hören finden Sie auf der seinerzeitigen LP "Sinatra 65" (die als einziges Reprise-Album interessanterweise NICHT auf CD wiederveröffentlicht wurde), auf der Single, auf der LP/CD "That's Life" sowie auf "Greatest Hits" (ebenfalls als LP und CD erschienen), außerdem ist das Stück selbstredend auf dem Kolossal-Boxset "Complete Reprise Studio Recordings" vertreten.
Viel Spaß beim Hören dieses Stückes und an der Diskussion wünscht Ihnen Ihr Freund und Kupferstecher,
Tell Her (You Love Her Each Day) ist für mich ein weiterer Mosaikstein zur Liste mit den schlechtesten Sinatra-Songs ever. Andererseits bricht mit diesem auch mein System ächzend in sich zusammen, ich habe mich nämlich daran gemacht, verschiedene Kategorien für einen Song zu finden (Schlechteste gesangliche Leistung, Schlechtestes Songmaterial, Schlechtestes Arrangement, Schlechtester Text), schließlich kann die gesangliche Leistung bei Sinatra trotz eines minderwertigen Songs hochwertig sein. So! Und jetzt sagen Sie mir doch mal bitte, wo ich diesen Song hier einordnen soll! Sollte ich besser würfeln, meine feinfühlie Mutter um Hilfe bitten und sie unvorbereitet diesem Song aussetzen, damit sie schreiend davon läuft? Wirklich, ich befinde mich hier in einem inneren Konflikt! Egal, ich widme mich mal direkt dem Song, vielleicht komme ich so der Lösung zumindest einen Zentimeter näher...
Schon die grobschlechtige Wikinger-Trommel-Einleitung lässt vermuten, dass man es hier mit einem Freeman-Song erster Kajüte zu tun hat. Und in der Tat, ist die Einleitung selbst erst einmal vorbei, wird man auf seiner gemütlichen Sitzgelegenheit (bei mir standesgemäß ein Chefsessel) auch sogleich von einem Gewitter aus Trompeten, Schlagzeug und Sirenenchören überrannt. Anscheinend hat man in der Vorbereitungszeit dieses Liedchens einen Wettbewerb veranstaltet, wer am stärksten ins Blech blasen kann, auf dem Schlagzeug herumhämmern und wer am effektivsten die Frequenzen zu verbiegen imstande ist, um hinterher ein möglichst breiiges Klangbild zu bekommen. Diese Eindrück werden mit der Zeit immer intensiver um nicht zu sagen penetranter, bis der "Chor" schließlich nichts weiter zu sein scheint, als eine Herrschar aus singenden Sägen und die Abdeckungen meiner Lautsprecher abzufallen drohen, wenn ich nicht wüsste, dass es sich um deutsche Qualitätserzeugnisse handelt. Wie auch immer, der Chor ist ja bei Freeman-Arrangements völlig obligatorisch, dass man die Hörer hier aber auf diese so triefend penetrante Weise einer Hörsturz-Gefahr aussetzt, habe ich vor dem ersten bewussten Hören jedoch nicht erwartet - ich dachte, dass auch Freeman und Bowen zumindest noch ein bisschen Sinn für Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand hätten. Weit gefehlt, da kann man mal sehen, wie die Musikindustrie den Musikgeschmack zugunsten des Kommerzes abstumpfen lassen kann. Zumindest verdeckt das alles aber den naiv-rückständigen Text, der aus einer Zeit des "Heimchens am Herd" zu stammen scheint. Ganz nach dem Motto: "Wisch gefälligst die von dir selbst gemolkene Milch auf, die gerade auf dem Ofen übergekocht ist, welcher mit von dir geschlagenem Holz betrieben wird".
Und auch ich fühle mich schuldig, Ihnen allen dieses Stück ächzend-krachende Musikgeschichte (wieder) ins Bewusstsein gerufen zu haben.
Es tut mir leid!
Wie auch immer, betreffs passender Kategorie bin ich leider nicht weiter gekommen - ich werde wohl doch würfeln müssen!
aleksej schicke
(
gelöscht
)
Beiträge:
16.04.2006 23:08
#3 RE: Tell Her (You Love Her Each Day), Reprise 1965
ich stimme dir sachlich vollkommen zu. Dieses Lied ist ganz gräßlich nur würde nicht so viele Wortspielerein verwenden. Mir ist da zu viel Rhetorik.Humor ist gut aber man sollte es nicht übertreiben und es sollte nicht bösartig werden. Da bist du mit deiner Krtitk sehr nah an der Grenze.Es ist manchmal nicht einfach Ironie und Kritik auseinanderzuhalten.
Kleiner Tipp sei da bitte vorsichtig.denn sonst kommt es zu Mißvertändnissen und dir sind dann viele Leute böse.
wir haben auch schon persönlich darüber gesprochen, aber trotzdem möchte ich diese Sache in aller Öffentlichkeit nicht so stehen lassen. Wie an anderer Stelle bereits gesagt: Ironie kann dazu beitragen, vermeintlich verbissene Situationen gleichzeitig zu entschärfen und zu verschärfen. Sie wird aufgrund ihrer Komplexität vielfach als ein Zeichen von Intelligenz und Witz angesehen. Ich denke ich spreche mit der Stimme des Forumskollektivs, wenn ich sage, dass sie hier stets gerne gesehen ist. An anderen Stellen kann sie fehl am Platze sein, und gerade deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich sage es nicht ohne einen gewissen Stolz, bin ich froh, zur EOTC-Elite zu gehören, wo Sprachwitz noch einen Platz in dieser ansonsten immer mehr verflachenden Welt findet!
Das musste einmal gesagt werden. Schönen guten Abend.
Gentlemen, do not worry. Nathan Detroit's crap game will float again!
aleksej schicke
(
gelöscht
)
Beiträge:
16.04.2006 23:48
#5 RE: Tell Her (You Love Her Each Day), Reprise 1965
Ich bin kein Anhänger vom diesem Sprachwitz,wo man auf Kleinigkeiten rings herum eingeht(z.B was man gegessen hat oder welche Farbe die Stühle haben).Diese Art von Kriik geht zu wenig ein auf das Lied. Vor allem bei Liedern finde ich es angebracht,dass der Beitrag zu 90% sachlich geschrieben sein soll. Der Ironie sollte am Ende auftauchen und nicht überall.
Ich finde Herrn Bodes Post hier lustig und nicht zu ironisch. Darum mag ich das Forum inzwischen weil man hier nicht mit dem Bierernst rangeht, sondern sogar mit etwas Selbstironie.
Es dürfte kaum jemanden innerhalb der Sinatra-Internet-Gemeinde geben, der diesem Lied auch nur das geringste Positive abgewinnen kann. Im Family-Forum thematisiert, könnte ich mir aber lebhaft vorstellen, dass es mindestens zu einem Dutzend Beifallsbekundungen kommen würde... je nun, gottlob sind wir ja von solcherlei amerikanischen Zuständen weit, weit entfernt und haben uns unsere Kritikfähigkeit durchaus erhalten können. Und in der Tat:
Der Song gehört zum Schlechtesten, was Sinatra je auf Platte hat pressen lassen. Da gibt es nichts zu beschönigen, dies ist trivialster, anspruchslosester Schlager, eine Art amerikanische Hinterseer-iade, absolut auf einer grausig tiefen Ebene mit den schlimmsten Erzeugnissen deutscher Schlager-Unkultur – nur eben auf englisch. So etwas anzuhören schmerzt natürlich drei- und vierfach, wenn man sich vor Augen hält, welche Fähigkeiten tatsächlich in Sinatra schlummerten und die er praktisch auf dem kompletten „That´s Life“-Album hat brachliegen lassen. Überhaupt gibt es ab Mitte der 60er Jahre eine bemerkenswerte Zwo-Gleisigkeit puncto Anspruch bei den Veröffentlichungen dieses Abschnitts von Sinatras Karriere.
Was hast du gedacht, als du dir diesen Song zum ersten Mal zu Gemüte geführt hast? Ich glaube, das ist eine besonders interessante Frage. Und wie hast du reagiert? Hast du das Liedchen noch einmal angehört, um sicherzugehen, dass deine Lautsprecher nicht falsch verkabelt sind oder wolltest du die entsprechende Scheibe insgeheim "dem Feuer übergeben" oder was auch immer...(ich will dir ja nix vorweg nehmen)? Selbe Frage übrigens zu "Feet Of Clay", Holger (am besten dann dort im entsprechenden Thread posten).
Thorsten Bode
"May you all live to be 150 years old, and may the last post you read be mine!"
Nach so vielen Jahren, die seit dem erstmaligen Hören dieses Songs vergangen sind, kann ich mich naturgemäß im Einzelnen meiner damligen Gedankengänge nicht mehr entsinnen. Jedoch ist eines sicher: Damals wie heute reagierte ich mit Grausen, geradezu unvorstellbarem Grausen – was nicht nur für diesen Song im Speziellen, sondern für das ganze „That´s Life“-Album gilt.
Selbstfreilich habe ich mir das Liedchen im Anschluß an die erste Hörerfahrung nicht unmittelbar ein zwotes Mal angehört – potztausend, das fehlte ja gerade noch, parbleu, ich bin doch kein Masochist! Heute wie damals denke ich, dass die Aufnahme von Liedern dieser Kategorie eine bedauerliche Verschwendung von Zeit und (seinerzeit Neunzehnuhrsechsundsechzig noch vorhandenem) Talent war. Es stimmt mich traurig und verdrießlich, dass sich Sinatra des Kommerzes willen künstlerisch mitunter derart unter Wert und Würde verkauft hat. Um auf einer von Ernie Freeman arrangierten Platte zu singen, bedarf es wahrlich keines Sinatra, es hätte auch ein Engelbert Humperdick getan.
„That´s Life“, du Staubfänger im hintersten Winkel meines Sinatra-Regals, ich verachte dich zutiefst, ich behalte dich nur der Vollständigkeit der Sammlung halber, dein wahrer Platz jedoch ist die Mülltonne, jawohl, die Müllhalde der Musikgeschichte – Frau Nancy, wenn du oder sonst jemand gerade fleißig beim Zusammenstreichen der Sinatra-Platten bist, so entferne „That´s Life“ aka „Sinatra´s Schande“ zum ehestmöglichen Zeitpunkt aus dem Reprise-Katalog... - und beantworte endlich meine Emails, bevor mir endgültig der Geduldsfaden reißt!
Allen noch einen gemütlichen Abend H.S. Prinzipal der EOTC-Seiten und Souverän des daran angeschlossenen Forums
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***