Das Jahr ist nunmehr schon fortgeschritten, ohne dass Ihnen bislang ein Diskussions-Thema des Jahres anheimgestellt worden wäre - ein Versäumnis, welches umgehend behoben zu werden drängt. Alsdann - hier ist das Thema, das uns Zwotausendelf beschäftigen wird:
Sinatra - Das Geheimnis seines Erfolges
Wir werden also, wie am Themen-Titel unschwer abzulesen ist, darüber disputieren, wie und warum es Sinatra möglich war, seit den Vierziger Jahren in jedem Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts große Erfolge zu feiern. Selbst heute noch wird sein Werk immer wieder in neuen Gesamteditionen aufgelegt, wie jüngst in der aktuellen Monster-Box The Reprise Years. Wie konnte sich Sinatra über lange Jahrzehnte im mehr und mehr von Schnellebigkeit geprägten Musikgeschäft halten, wie überhaupt zum König des Entertainments amerikanischen Zuschnitts aufsteigen, was sind die Gründe für seine große, generationenübergreifende Popularität?
Meine Damen und Herren, dies Thema ist dazu angetan, Bücher zu füllen - umso eher also dürfen wir auf viele, viele Stellungnahmen und Meinungen hoffen. Bahn frey!
Ich möchte hier zunächst versuchen, den ersten und vielleicht wichtigsten Punkt herauszuarbeiten:
Sinatra hatte das enorme Glück, den absolut richtigen Zeitpunkt zu erwischen (ich spreche hier gesondert vom Zeitraum der frühen bis mittleren Vierziger Jahre. Zuvor war Populärmusik kaum präsent oder eher obskur, Sinatra erkannte die Möglichkeit echte Qualität in diese Musik einzubringen und war auch der Charakter, dieses Vorhaben durchzusetzten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Verbesserung der Aufnahmemöglichkeiten - in den 20ern und 30ern hörte sich alles nach Grammophon-Trichter an, es war kaum möglich, Stärken oder Schwächen der Interpreten überhaupt zu erahnen. Dies änderte sich mit der verbesserten Technik, was Sinatra und seiner besonderen Phrasierungskunst sehr zugute kam.
Zehn Jahre später hingegen, im heraufdämmernden Rock n Roll-Zeitalter hätte es für einen Interpreten von Sinatras Zuschnitt höchstens zu einem Nischendasein gereicht. Wenn Sinatra auch im Rock n Roll-Zeitalter zunächst noch sehr erfolgreich war, so deswegen, weil er die Hörer zuvor schon für seine Musik nachhaltig sensibilisiert hatte. Ohne das wäre er im Rock n Roll-Strudel als Newcomer hoffnungslos untergegangen. Für Rock n Roll hatte er nicht die Stimme und alles andere geriet zunehmend ins Hintertreffen.
Sehr zugute kamen ihm zweifelsohne auch die Kriegsjahre, welche die Menschen ganz besonders empfänglich für romantische Songs machten, die immer die besondere Stärke Sinatras ausmachten - nach dem Krieg allerdings war den Leuten wieder verstärkt nach unbekümmerten Nonsens-Songs, für die Sinatra wiederum denkbar schlecht geeignet war, was seinen Karriere-Knick in den ausgehenden 40ern Jahren zum größten Teil mitauslöste.
Soweit zu diesem Punkt meine Damen und Herren - ich hoffe, uns wird gelingen im Laufe der Zeit Schritt für Schritt noch weitere wichtige „Erfolgsgeheimnisse“ herauszuarbeiten.
Wertes Publicum - ich erlaube mir, Sie sanft (wie es eben meinem Temperament entspricht) aber zugleich auch mit einer gewissen Bestimmtheit darauf aufmerksam zu machen, dass sich das Jahr bereits wieder merklich dem Ende zuzuneigen beginnt (Ja, die Zeit eilt im Sauseschritt voran, wer von Ihnen vermöchte diese Tatsache abzuleugnen).
Daher wäre es durchaus angebracht, wenn sich in den verbleibenden Wochen des Jahres die Beiträge zu diesem Thema des Jahres 2011 entsprechend häufen würden. Obzwar auch Themen vergangener Jahre weiterhin offen bleiben und jederzeit kommentiert werden können (dies ist ein freies Forum in einem freien Netz), wäre es zweckdienlicher, die jeweiligen Themen im dafür vorgesehenen Jahr zu behandeln. Die Vernunft gebietet es, in dieser Weise zu verfahren. Hinsichtlich dessen werden Sie mir sicherlich samt und sonders beipflichten.
In diesem Sinne also, ganz in diesem Sinne sind Sie - meine hochgeehrten Damen und Herren - einmal mehr gefordert, die Initiative zu ergreifen. Eine leichte Übung, bedenkt man das potentiell ungeheuer ergiebige Thema des Jahres 2011. Auch hier werden Sie mir kaum widersprechen wollen. Je nun, somit wäre die erstrebenswerte weitere Vorgangsweise geregelt und ich darf mich einmal mehr empfehlen - ein brodelnder Topf Linsen mit Speck will beaufsichtigt sein.
In meiner Eigenschaft als Prinzipal der Einrichtung erlaube ich mir, Sie einmal mehr darauf hinzuweisen, dass das Jahr sich zusehends dem Ende zuneigt - in diesem Sinne sind Sie alle, meine liebwerten Damen und nicht minder geschätzten Herren, aufgerufen, noch rasch Ihre Beiträge zu gegenständlichem Thema des Jahres Zwotausendundelf zu verfassen. Zwar besteht die Möglichkeit, auch noch im nächsten Jahr auf dies Thema zu antworten - siehe dazu weiter oben - jedoch wird es im Jahre Zwotausendundzwoelf ein neues Thema des Jahres geben - ein Thema, dass uns mit Sicherheit lange in Atem halten wird, soviel sei schon jetzt verraten.
Daher besteht aufgrund dieses Umstandes leider, leider immer die Möglichkeit, dass gegenständliches Thema (also Thema des Jahres Zwotausendundelf) über der Diskussion zum Thema Zwotausendundzwoelf in den Hintergrund rückt, ja: schlimmstenfalls sogar der Vergessenheit anheimfallen könnte. Dies freilich gilt es - wie Sie sicherlich verstehen werden - unter allen Umständen zu verhindern.
Wie wir oben gesehen haben, war Sinatras Karriere insofern vom Glück begünstigt, als just zum richtigen Zeitpunkt an Ort und Stelle war. Wenden wir uns nunmehr dem meiner Meinung nach zwoten wichtigen Punkt zu, nämlich des Sängers Charisma.
Jawohl, meine Damen und Herren - auch hier hatte Sinatra das Glück, der erste Sänger der Populärmusik mit ausgeprägtem Charisma zu sein. Den anderen Sängern seiner Zeit hörte man zu, ohne dass dies für emotionale Aufregung gesorgt hätte, die wenigsten Hörer hatten ein Interesse an dem Menschen, welcher hinter den Songs stand. Ein Bing Crosby etwa hatte schon in jungen Jahren die Ausstrahlung einer filzpantoffeltragenden Vaterfigur - ganz anders Sinatra. Sinatras Charisma (natürlich im Verbund mit seiner Stimme, in erster Linie mit seiner Stimme, welche einen, ja: DEN Grundpfeiler seines Charismas bildete) sorgte für Massenhysterie und Ohnmachtsanfälle der weiblichen Anhängerschaft, Phänomene welche in der Populärmusik bislang noch unbekannt waren. Sinatras Charisma wuchs naturgemäß noch mit seinem Erfolg und seiner sich steigernden Popularität - ganz ähnlich wie bei Madame Merkel:
Erschien sie - gemeint ist Madame Merkel - uns zunächst wie eine unscheinbare, kaum wahrnehmbare, verhuschte graue Maus, über deren Wischmopp-Frisur und hängende Lefzen man sich so trefflich lustig machen konnte, so entwickelte sie sich - kaum hatte sie ihr Amt inne - eben aus genau diesem Grunde (nämlich dem Innehaben des Amtes) zur charismatischen, ehrfurchtsgebietenden Matrone, als welche sie uns heute erscheint.
Ganz ähnlich war ja auch Sinatra zunächst ein Typ, der nicht unbedingt zum zweimal Hinsehen einlud: Klapperdürr und dazu noch von unterdurchschnittlicher Körpergröße - diese Mängel wurden jedoch überstrahlt durch die einzigartige Stimme, welche in dem so unscheinbaren corpus eingelagert. Die Stimme war zu Beginn seiner Karriere das eigentliche - ja: einzige Charismatische an Sinatra. Erlangte also Madame Merkel ihr Charisma ausschließlich durch ihr Amt, so bestach im Gegensatze dazu Sinatra zunächst schon allein durch seine Stimme, welche - wie wir weiter oben schon festgestellt haben - das Grundfundament seines Charismas ausmachte.
Fortsetzung folgt, meine sehr verehrten Herrendamen, Fortsetzung folgt.
Ich darf Sie alle recht von Herzen einladen, mit mir zusammen noch weitere Erfolgs-Geheimnisse des Barden zu entdecken. Sicherlich haben auch Sie Vermutungen in diese oder jene Richtung - diese uns hierorts mitzuteilen, seien somit alle Anwesenden erneut und nachdrücklich aufgerufen.
Ich selbst werde auf jeden Fall am Thema dranbleiben - es ist von ungeheurer Faszination und wird auch in meinem Buch eine nicht unwesentliche Rolle einnehmen, schon allein deshalb befasse ich mich eingehend zu jeder Stunde - bei Tag und bei der Nacht - mit dieser Fragestellung.
Tun Sie es mir gleich, meine sehr verehrten Damen und Herren, tun Sie es mir gleich - und zwar gleich.
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis des Sänges war wohl, dass er, - bei allem künstlerischen Anspruch, den er in der Regel an seine Tätigkeit als schallplattenaufnehmender Künstler stellte - wenn er sich davon Erfolg versprach, zuweilen auch Songs aufnahm, die von nicht immer hoher Qualität waren, aber deren Hitpotenzial ihm ins Auge stach.
Auf diese Weise entstanden dann auch - wenngleich es uns als anspruchsvolle Sinatra-Hörer freilich unendlich verdrießt - Hits wie Strangers In The Night, Somethin´ Stupid oder My Way. Wir alle hassen die genannten Songs mit Recht, klettern soforten auf die nächste Palme, wenn wir sie hören, aber sie verhalfen dem Barden andererseits zu Weltruhm. Auch Sinatra selbst hielt nicht viel von genannten Liedern, sprang aber über seinen Schatten, da mit einem großen Erfolg durchaus gerechnet werden konnte. Vom geschäftlichen Standpunkt aus war es klug, diese Songs aufzunehmen, vom künstlerischen Standpunkt aus hingegen natürlich ausgesprochen dumm, da er fortan fast ausschließlich mit diesen Liedern assoziiert wurde, worüber das gehaltvollere Schaffen in den Hintergrund gedrängt wurde.
Mitunter freilich wurde er von seinem Gespür für Hits auch im Stich gelassen, etwa während der 70er-Jahre, als er mit moderneren, ihm hitverdächtig bedünkenden Stücken einen Single-Flop nach dem anderen landete. Hier liegt aber der Hauptgrund darin begründet, dass spätestens nach 1970 die Musiklandschaft eine völlig andere geworden war und angejahrte Entertainer der alten Schule in den Charts chancenlos waren, egal mit welchem Lied auch immer sie antraten.
Strangers In The Night wäre etwa 1975 in den Charts voraussichtlich baden gegangen, denken Sie nicht auch so, meine hochverehrten Damen und Herren?
Wenn wir, meine sehr geehrten Damenherrren, hier von Sinatra´s „Erfolgsgeheimnissen“ sprechen, so MUSS natürlich die Tatsache Erwähnung finden, dass der Sänger über Jahrzehnte hinweg mit kriminellen Elementen in Verbindung gebracht wurde, er oftmalen von Untersuchungsausschüssen wegen angeblicher Kontakte zur Mafia befragt wurde und zahlreiche photographische Aufnahmen zumindest eines belegen, nämlich dass der Barde mit den jeweils abgebildeten Mafia-Bossen wenigstens sich in einem Raume befand.
Das amerikanische Unterhaltungsgeschäft war seit den 30er-Jahren vom organisierten Verbrechen unterwandert, wie man freilich weiß. Wenn nun Sinatra kometenhaft aufsteigen konnte, so womöglich nicht nur aufgrund von Talent und Glück, sondern eben auch durch Interventionen seitens des organisierten Verbrechens. Es läuft eine Geschichte um, derzufolge nicht zuletzt Gangster Sinatra´s ehemaligen Brotherrn Tommy Dorsey veranlasst hätten, den Barden aus einem seinerseits fast kriminell zu nennenden Knebel-Vertrag zu entlassen. Vielleicht kennen Sie, meine hochgeehrten Leserinnen, genaue Details dazu, ich selbst habe mich in diese wiewohl hochspannende Materie nie vertieft, bin praktisch ein Unwissender.
Sollten also die Gerüchte betreffend eines symbiotischen Verhältnisses Sinatra/Mafia in Tat jemalen eindeutig bewiesen werden, so ist folgende Schlussfolgerung sicherlich nicht unzulässig:
Wenn der Sänger Unterwelt-Kontakte hatte, welche ihm hinsichtlich seiner Karriere von Nutzen sein konnten, so ist mit einiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Barde dieselben zu seinem Vorteil genutzt haben mag. Einen Vorteil nicht zu nutzen, widerspräche der menschlichen Natur.
Übrigens, meine hochgeehrten Damen und Herren, die FBI-Akten zu Sinatra sind - soviel ich weiß - irgendwo im Hinternetz frei zugänglich, wer möchte, kann sich durch mehrere tausend Seiten fressen. Verwicklungen in kriminelle Geschäfte konnten dem Barden, soweit ich unterichtet bin, allerdings nie nachgewiesen werden. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf eine aufsehenerregende TV-Dokumentation mit dem vielsagenden Titel „Sinatra - Star der Mafia“, welche in den letzten ein, zwo Jahren häufig im deutschsprachigen TV zur Ausstrahlung gebracht wurde. Ich selbst jedoch habe keinen der Ausstrahlungstermine wahrgenommen, was ich zuweilen in gewisser Weise bedaure.
Sehr geehrte Damen und Herren Leserinnen und Leser - Sie befinden sich in einer Kommunikationseinrichtung, welche den ENTERTAINER OF THE CENTURY (mit anderen Worten SINATRA, SINATRA und nochmals SINATRA) in ersprießlicher Weise thematisiert wissen möchte. Geschätztes Publicum: Diese Einrichtung ist in der Tat so hochgradig erquickend, so ungemein gastlich, der Wohlfühlfaktor so enorm hoch, dass es kurzum nichts Geringeres denn eine wahre Lust ist, sich hierorts aufzuhalten und sich durch die mannigfaltigen Rubriken zu bewegen! Sehen Sie sich gut und in aller Ruhe um und Sie werden - darauf mein Wort - nicht umhinkommen zu sagen: "Hier ist es schön, hier will ich bleiben."
*** Wertes Publicum: FRAU CHARLOTTE ROCHE ist eine GÖTTIN - eine WAHRE GÖTTIN ***