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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 447 mal aufgerufen
 SINATRA - DIE STUDIO-ALBEN
Holger Schnabl
Prinzipal & Melancholiker


Beiträge: 1.635

06.11.2005 09:26
September Of My Years (Reprise-Album, 1965) Zitat · Antworten

Guten Tag!

Nimmt man die hohen künstlerischen Standards, die Sinatra in den 50er Jahren mit seinen Capitol-Concept-Alben für seine Arbeit selbst festgelegt hat, zum Maßstab, wird einem nur allzu deutlich klar, wie wenige seiner späteren Alben für das Label Reprise ebendiesen hohen Qualitätsstandards entsprechen. Eigentlich gibt es aus der gesamten Reprise-Phase (1960-1988) nur ein einziges Album, welches den zu Capitol-Zeiten definierten Maßstäben vollends gerecht wird. Dieses Album sei nunmehr unser neues Diskussionsthema: September Of My Years.

Eingespielt im April und Mai des Jahres 1965, gehört das Album zu den unvergänglichen und immerwährend gültigen Meilensteinen in Sinatras gesamter Karriere. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in seinem fünfzigsten Lebensjahr, bescherte sich Sinatra selbst das vielleicht schönste Geschenk zu diesem runden Geburtstag Ende des Jahres. Nunmehr im Herbst seiner Jahre angelangt, vielleicht auch bereits ahnend, womöglich auch schon wissend, dass aus künstlerischer Sicht der Zenit seiner Schaffenskraft überschritten war, steckte Sinatra all seine ihm noch verbliebenen Talente und Energien in ein melancholisches, tief anrührendes, Rückschau auf ein von vielen Erfahrungen geprägtes Leben haltendes Werk, welches gleichsam den Abschluss von Sinatras Glanzzeiten darstellt. Die Arrangements für „September Of My Years“ stammen allesamt von Gordon Jenkins, der schon für einige der besten Capitol-Alben verantwortlich zeichnete und sich hier selbst zu übertreffen vermochte. Sein Anteil am künstlerischen Erfolg dieses Albums steht dem Anteil des Sängers selbst in Nichts nach. Das Album wurde mehrfach ausgezeichnet und von der Kritik frenetisch bejubelt. Die Platte erreichte den Rang Numero Fünf der Billboard-Charts und war somit nicht nur künstlerisch, sondern auch kommerziell ein großer Erfolg. In der Tat, von mancherlei Gesichtspunkten aus betrachtet, wäre die Veröffentlichung dieses Albums im August 1965 die beste Gelegenheit für Sinatra gewesen, sich – nunmehr (so gut wie) Fünfzig - aus dem Musikgeschäft zurückzuziehen. - Es wäre ein ungemein stilvoller Abgang gewesen. Alles, was später erschien, rangiert künstlerisch unter diesem Album, wenngleich mit „Moonlight Sinatra“, „Francis Albert Sinatra & Antonio Carlos Jobim“ sowie „Francis A. & Edward K.“ noch drei durchaus zufriedenstellende Alben folgen sollten.

1. The September Of My Years
2. How Old Am I?
3. Don't Wait Too Long
4. It Gets Lonely Early
5. This Is All I Ask
6. Last Night When We Were Young
7. The Man In The Looking Glass
8. It Was A Very Good Year
9. When The Wind Was Green
10. Hello, Young Lovers
11. I See It Now
12. Once Upon A Time
13. September Song

Was also ist Ihre Meinung zu „September Of My Years“, zur gesanglichen Leistung des damals beinahe 50jährigen Sängers, zu Gordon Jenkins´ Arrangements, zum künstlerischen Gehalt bzw. Wert dieser Produktion? Wie immer darf ich Sie nunmehr also dazu einladen, sich etwas näher mit dem Thema zu beschäftigen und mit Ihren Beiträgen zu einer ersprießlichen und unterhaltsamen Diskussion beizutragen, teilen Sie uns Ihre Ansichten zu diesem Album-Klassiker mit und liefern Sie gegebenenfalls zusätzliche Informationen.


Allen noch einen gemütlichen Abend
H.S.

Sinatra - Entertainer Of The Century
http://www.geocities.com/allthewaysinatra
“...die Diskussion geht weiter!...wo wenn nicht hier, wann wenn nicht jetzt?“

Ulrich Groh
Erzürnter


Beiträge: 191

04.08.2011 23:59
#2 RE: September Of My Years (Reprise-Album, 1965) Zitat · Antworten

1 von 1 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich:
5.0 von 5 Sternen Preisgekröntes, perfektes Sinatra- Originalalbum von atemberaubender Schönheit, 5. August 2010


Rezension bezieht sich auf: September of My Years (Audio CD)
1965 stand Sinatra vor seinem 50.Geburtstag. Er konnte auf Erfolge zurückblicken, die vor ihm noch kein anderer Sänger errungen hatte - vor allem nicht hinsichtlich der Dauer, denn jahrzehntelange Karrieren kannte das amerikanische Showbusiness bis dato nicht. Er hatte Tiefen, auch künstlerisch; bediente in seinen Anfangszeiten kreischende Teenies mit Songs, die heute nicht zu Unrecht in Vergessenheit gerieten, swingte, brachte höchste Qualität insbesondere während seiner Zugehörigkeit zum CAPITOL-Label, für das er zeitlose Alben einspielte und nicht selten Maßstäbe setzte, denen er ab der Gründung des eigenen REPRISE-Labels Anfang der 60er Jahre nicht immer gerecht werden konnte.

Nun aber der 50.Geburtstag... Eine Zahl, auch eine Zäsur, die zur Reflexion zwingt über das, was gelebt, geliebt, überstanden, erlitten, genossen, bewältigt wurde. Sinatra, DER Vollblutmusiker schlechthin, entscheidet sich für die musikalische Auseinandersetzung mit der Lebensmitte. Er lässt Texte schreiben, die die Melancholie des Alterns zum Thema haben, das Sinnieren über Gewesenes: Beglückendes wie Trauriges. Alle Facetten, aber keine einseitig verklärte Hommage an die Jugend, sondern an die Reife, die Synthese des Gelebten. Und an das Morgen.
Die besten Komponisten liefern Melodien - wunderschöne Melodien. Aus Sinatras Kehle klingen diese wie Standards, doch handelt es sich überwiegend um neues Material, dem er seinen unnachahmlichen Stempel aufzudrücken weiß. Melancholisch-getragene Weisen; der Thematik angemessen, doch ohne jeglichen Kitsch aus der "Man müsste nochmal 20 sein" - Sentimentsschublade. Und dann der Glücksgriff, der das Album erst zu dem werden ließ, was es war, ist und für alle Ewigkeit bleiben wird: Gordon Jenkins, der meisterhafte Arrangeur, der sich wie kein Zweiter auf primär romantische, zauberhaft-subtile Orchestrierung versteht. Insbesondere, wenn es um Balladen geht. Da macht ihm niemand etwas vor. Kein Nelson Riddle, kein Don Costa, kein Billy May. Alle sehr wohl Meister ihres Fachs, aber nicht unbedingt in erster Linie dann, wenn der Wind den Lebensherbst umweht.

Entstanden ist ein perfektes Album von atemberaubender Schönheit bis ins i-Tüpfelchen, doch bar jeglicher Sterilität oder Künstlichkeit. Beim Hören kann man sich des Eindrucks, dass jeder der Mitwirkenden in dieses Projekt seine Seele legte, nicht verschließen. Allem voran ein Sinatra, der selten glaubwürdiger, authentischer daherkam und sich aller Register seiner Sangeskunst zu bedienen weiß.

FS produzierte eine Unmenge von Langspielplatten. Sehr gute, mittelmäßige, partiell gar etwas fragwürdige sind darunter. Bei "September of my years" hingegen stimmt einfach alles: Texte, Melodien, kongeniales Arrangement, Stimme des Künstlers. Nichts schwächelt, nichts hätte besser umgesetzt werden können: Ein Konzeptalbum in seiner lupenreinsten Form entstand, das die höchsten Erwartungen gar noch zu übertreffen wusste. Zum künstlerischen Non plus Ultra gesellte sich zudem auch der kommerzielle Erfolg, die Auszeichnungen wie die Grammys, die es regnete: "Bestes Album", "Bester Gesang", "Beste Arrangements", um nur drei Kategorien dieses hochdekorierten Werkes anzuführen.

Die im Jahr 2010 neu aufgelegte Digitalversion ist soundtechnisch die beste, die es je gab. Am wenigstens steht dieser Superlativ mit den beiden Bonussongs in Verbindung (Eine live-, eine Singleversion von albumimmanten Songs wurden hinzugefügt), die man gerne mitnimmt, die jedoch nichts wirklich Neues beinhalten, für Fans aber dennoch eine Bereicherung darstellen. Das 14-seitige Booklet mit Detailinformationen über die Entstehung des Werkes (das dem seinerzeitigen Original übrigens nicht beilag) rundet den ohnehin gewonnenen Eindruck ab: Jedes, aber auch wirklich jedes Segment wurde mit größter Perfektion ausgestaltet.


"September of my years" stellt ein homogenes, romantisches Meisterwerk dar, das in jeder Hinsicht Maßstäbe setzte und epochenübergreifend modeunabhängig geriet. Es ist eines der ganz wenigen Alben überhaupt, das hinsichtlich seiner hohen Qualität von Fachwelt UND Publikum einhellig als Meilenstein gewertet wurde und wird; es ist ganz einfach traumhaft schön und avancierte gewissermaßen zum Denkmal eines Künstlers, der inbesondere bzgl. seiner vokalen Brillanz bis heute als unerreicht gilt

"Die Überzeugung, dass es nur eine Wahrheit gibt und man selbst in ihrem Besitz ist, ist die tiefste Wurzel allen Übels der Welt." (Max Born)

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